Restless Souls/Research/Shoninki
Shoninki - Historische Geheimschrift der Ninja
- 正 - die ersten / die wahren / die primären / die Haupt-
- 忍 - Shinobi
- 記 - Schriften
Der deutsche Titel des Buchs ist irreführend. Es handelt sich hierbei nicht um eine "Geheimschrift", sondern um "geheime Schriften", welche für Außenstehende nicht einsehbar sein sollten.
- Der japanische Autor lässt hier unterschwellig eine gewisse Enttäuschung der geänderten Praxis erkennen. Anfangs wurden wenige Shinobi ausgebildet. Diese durften auch nicht zu jung sein. Die Agenten sollten charakterfest und psychisch belastbar sein. Rekruten stammten oft aus dem Militär. Im Prinzip konnte aber jede geeignete Person zum Shinobi ausgebildet werden.
- Geheimschriften wurden von den Shinobi zwar auch verwendet, nicht aber beim Shoninki.
In ein modernes Deutsch übersetzt bedeutet Shoninki eher "Standardwerk der Shinobi-[Ausbildung]". Es ist ein Handbuch mit einem Mix von Theorie und Praxis von etwa 100 Seiten, wobei das Shoninki (1681) von einer auf drei Schriftrollen anwuchs: Shomaki, Chumaki, Gemaki. Nach dem Grundsätzlichem ist wohl das Bansenshukai zu Rate gezogen worden. Auf den ersten Blick scheint das Shoninki den Fokus auf die Ausbildung von Informationenssammler zu legen, während das Bansenshukai eher dazu gedacht ist militärische Infiltratoren und Attentäter auszubilden.
Insgesamt versucht die Übersetzung des Shoninki möglichst nah am Wort zu bleiben, was manchmal Raum für mehrere Interpretationen zulässt.
In den Folgenden Abschnitten sind Anmerkungen durch eine kursive Formatierung gekennzeichnet.
Terminologie
- Shinobi
- Ninjutsu
- Prinzip
- Weg
- Kann als Methode, Lehre oder Schule (Art der Unterrichtung) gemeint sein.
Jo
Der Autor des Vorworts, Katsuda Nangu Saiyoshin, lobt das Werk als höchst hilfreich für Strategen, Krieger, Agenten und Partisanen. Mit jenem Wissen kann auch Verhör und Folter überstanden werden und erfahrene Krieger überlistet werden.
Die wahre Ninjutsu-Überlieferung unserer Schule
Shinobi, die auf der gleichen Seite sind, tauschen sich aus und helfen sich gegenseitig in einem anderen Territorium zurechtzufinden.
Shinobi unterschiedlicher Generation haben Schwierigkeiten sich untereinander zu erkennen.
Die verschiedenen Arten von Spionen
Chinesische Spione
Die fünf Spionage-Methoden
Lokale Kontakte
Horchposten
Ninja
Gauner
Die obersten Prinzipien
Shomaki
Vor dem Aufbruch zu versteckten Aktivitäten
Die sieben Arten der Verkleidung
Die Überlieferung der Kiichi-Ryu
Die zehn alter Methoden des sich Verbergens
Das Wissen um unbekannte Bergpfade
Die Wege in der Nacht
Das Eindringen in feindliche Häuser
Die Lehre der Füchse und Wölfe
Die Überlieferung der Kühe und Pferde
Die Informationsbeschaffung in Tempeln und Schreinen
Diskussion über Veränderungen
Die Infiltration in Truppen
Gedanken über Wasservögel
Der richtige Zeitpunkt des Infiltrierens
Die Lehre der Vierbeiner
Zusammenspiel zweier Shinobi
Zusammenspiel dreier Shinobi
Chumaki
Die Lehre vom Lauf des Himmels und der Erde
Zutritt zu hoch oder tief gelegenen "Orten"
Ausweitung des Blickwinkels beim Spionieren
Schutz vor dem Gegner
Geheime Schutzlehren um feindlich Agenten abzuwehren
Baumschatten richtig zu nutzen
Falsche Indizien hinterlassen
Den Menschen ihre wahren Absichten zu entlocken
Den Charakter eines Menschen zu erkennen
Dieser Abschnitt basiert auf der Physiognomie-Lehre des japanischen Mittelalters und ist nach heutigen wissenschaftlichen Maßstäben nicht ernst zu nehmen. Aus diesem Grund werden die untergeordneten Abschnitte übersprungen: Die drei Zonen des menschlichen Körpers, Oberer Teil, Kopf, Augenbrauen, Augen, Nase, Ohr, Mund, Zähne, Zunge, Hand, Handlinien, Muttermale.
Heutzutage würde man zu anderen Methoden raten:
- Mimik, Gestik, Sprache, Kleidung, Wahl des Styles und mögliche Statussymbolen (Accessoires, Schmuck, Handy, Auto), das Äußere insgesamt, zu analysieren, um so einen ersten Eindruck über die Person zu gewinnen.
- Im Dialog politische und ethische Standpunkte vermeintlich beiläufig abzuklopfen.
- Social Media Accounts und andere elektronische Quellen auszuwerten.
Gemaki
Die innersten Geheimnisse
Erkenntnisstände sind dynamisch. Man muss stets auf dem Laufenden sein. Das ist besonders wichtig, um mit den Einheimischen als Shinobi interagieren zu können und so den Zugang zu ihren "Herzen" zu finden. (Aufbau von Vertrauen, um an Informationen zu gelangen.)
Darüber hinaus sind die Naturgesetze zu kennen, der Schlüssel zum Verstehen der Welt.
Die torlose Grenze
Die Kunst Leute nicht zu zerbrechen
Die Emotionszustände des eigenen Herzens
Shinsô no koto.
Die Shinobi erkannten, dass Physiognomie (trotz seiner beliebten Anwendung) ein eher schlechtes Bewertungssystem war, also versuchten sie sich auch an der direkten Analyse von Gefühlen. Dabei versuchten sie grundsätzliche Dinge festzuhalten.
Jeder Mensch hat Emotionen. Diese werden in der (antiken) chinesischen Medizin und der buddhistischen Glaubenslehre eingeteilt in: Freude, Wut, Trauer, Genuss, Liebe, Hass, Begehren bzw. Freude, Wut, Kummer, Gefühl (shi), Trauer, Furcht, Erstaunen.
Jeder Mensch zeigt Gefühle in unterschiedlicher Intensität. Sie werden durch Umwelt, Erziehung, genetische und epigenetische Anlagen, Entwicklung, Erziehung und soziales Umfeld beeinflusst. Mit der Zeit werden altersbedingte Änderungen und Krankheiten relevant, was sich wiederum auch als das soziale Umfeld auswirken kann. Feedbackschleifen. Es ist eine andauernde Veränderung. Senpen banka.
Verfestigen sich gezeigte Gefühle zu einem Dauerzustand, wurden sie zu einem spezifischen Charakterzug.
Die genauen Ursachen für aktuelle Emotionen sind dem Menschen letztlich nicht ablesbar. Man sollte keine voreiligen Schlüsse ziehen.
Kenntnis des Unterschieds zwischen Wissen und Prinzip
Tagesaktuelles Wissen verhält sich zum "Prinzip" wie Taktik zu Strategie. Das erstere kann sich schnell ändern und ist daher von weniger Wichtigkeit. Die Analyse des Zweiten sorgt für wahre Erkenntnis.
Nur ein Teil des Ganzen zu wissen, kann einen täuschen.
Eigene Emotionen verhindern rationales Denken und somit das Erkennen der eigentlichen Sache - das Prinzip.
Ein Shinobi muss analysieren und strategisch denken können.
Sein Herz zu kontrollieren und das Prinzip zu erlangen
Shinobi müssen ihre Emotionen unter Kontrolle bringen können. Des Weiteren müssen sie fokussiert, effizient arbeiten und sich immer wieder neu motivieren, wenn notwendig. Ungeduld darf nicht aufkommen.
Sie müssen Leidensfähigkeit, Stressresistenz und Willensstärke aufbauen. Die Fähigkeit zur Empathie erlaubt es, sich in anderen Menschen hineinzuversetzen. Neutral und aufgeschlossen zu sein, hilft bei Analysen, Menschen zu lesen und den emotionalen Zugang zu finden, um dann glaubhaft zu sprechen, Überzeugungsarbeit zu leisten, Vertrauen aufzubauen. Dieses zu beachten, stärkt die Ausgangslage (und den eigenen Charakter) und hilft der Mission.
Jeder Mensch ist mit Motivationen (Zielen), Emotionen (aktuellen Zuständen) und einem Charakter (Prägung) ausgestattet. Die Psychologie eines Menschen ist nichts Besonderes. Emotionen lassen ähnlich den Elementen einsetzen und manipulieren. Wer die Emotionen eines Menschen nicht versteht, wird ein schlechter Shinobi sein.
Die freie Art der Gespräche
Mukei benzetsu.
1) Jederzeit muss ein Plan verändert oder verworfen werden können. Auf den Gegner muss flexibel reagiert werden können.
2) Die wichtigsten Missionen werden von den kompetentesten Shinobi ausgeführt. Das kann auch der Klanchef sein.
3) Die Mission steht über dem Leben des Shinobi (忍び).
"Dem leeren Panzer der Zikade gleich wird der Körper zur bloßen Hülle. Wenn auch ich so werde, fürchte ich nichts mehr."
Unter eigener Todesgefahr lassen sich andere Leben retten. Von Gedanken um Leben und Tod ist sich zu lösen, sonst droht Ablenkung.
Das Erkennen des übergeordneten Ziels, zu der auch eine einzelne Mission zählt, erlaubt Wahrheit und Lüge zu unterscheiden und diese, wenn es sein muss, auch nebeneinander existieren zu lassen. Umgang mit Dilemmasituationen. Diskreditierung, Verrat, Schäden und Verletzung von Unbeteiligten, etc. Dinge, die der Shinobi in einem allgemeinen Werteverständnis selbst auch für schlecht befindet, aber trotzdem tun muss.
Rhetorisch verschlüsselte Anspielungen auf Wut, Trauer bei Verlust Befreundeter und der eigene Tod: Wut ist zu kanalisieren, Trauer wird überwunden. Muga mushin. Trost ist zu finden in der geheimen Wahrheit des Ninpô. Aufschlüsselung der zweideutigen Formulierung:
- Der Verlust der vielleicht lang gelebten bisherigen Identität gehört zum Risiko und muss selbstlos in Kauf genommen werden. Dies entspricht dem Wesen des Ninpô. (Indirektes Appellieren an die Tugenden des Shinobi.)
- Mit dem Tod, Eintritt ins (buddhistische) Element der Leere, wird man wieder eins mit dem Universum.
Ninpô (忍法), Regeln des Verborgenen.
- 忍 (unsichtbar)
- 法 (Regel, Gesetz)
Ironischerweise könne man "Die freie Art der Gespräche" auch mit "Klartext reden" übersetzen, was aber hier aus Sorgen um die heiklen Themen Ehrverletzung und Tod nur teilweise geschafft wurde.
Die Kunst des Loslösens
Um die Erfolgsaussichten einer Mission zu verbessern:
- Es dürfen nicht zu viele Ziele verfolgt werden.
- Ein Shinobi muss sich von eigenen Gefühlen und Absichten, die während der Mission entstehen können, wieder loslösen; am Besten, gar nicht aufkommen lassen.
- Der Feind darf nicht unverhältnismäßig gefürchtet werden. So kann er gelesen und durchschaut werden.
- Ungeduld darf nicht nachgegeben werden. Das kann zu Fehlern, Scheitern der Mission und zu schweren Verletzungen führen.
- Die Situation muss wie von einem scharfsichtigen Falken beobachtet werden. Der Angriff erfolgt bei voller Bündelung geistiger und körperlicher Kräfte. Hichô no kurai.
- Der richtige Moment ist nicht nur abzuwarten. Er muss erkannt werden können.
- Unbewaffnet, nicht als Bedrohung wahrgenommen, kann man vor einen Gegner treten und mit ihm sprechen. Shinmyôken. Durch das Einpflanzen von Desinformation lässt sich ein Gegner schwächen oder neutralisieren.
- Eine absolute Willensstärke lässt einen jegliche Beschwerlichkeiten erdulden.
Mit dieser Lehre lässt es sich ohne Feinde leben und ist förderlich für die Erziehung der Nachkommen.
Sich nicht vereinnahmen zu lassen bzw. Ängste zu überwinden sind immer wiederkehrende Lehren in der Menschheitsgeschichte, nicht nur in den Martials Arts und den Militärausbildungen.
Okusho
Der Autor des Nachwortes, Natori Heisaemon, gibt zu bedenken, dass der Leser des Shoninki bescheiden und stolz sein sollte.
Es handelt sich um geheime Lehren, die nicht weiter gegeben werden dürfen. Vermutlich hat er Sorge, dass die Offenlegung des Shoninki Agenten enttarnen und normale Personen zu Unfrieden anstiften könnte. Siehe wiederum Vorwort, "Die wahre Ninjutsu-Überlieferung unserer Schule": Vertrauensbeweis. Ein anderen Shinobi ins Innere lassen und die Geheimnisse der eigenen Schule teilen. Die Lehren sollte nur von Shinobi zu Shinobi weitergegeben werden.